Agile ist ein zurzeit häufig verwendeter und diskutierter Begriff. Doch was bedeutet er wirklich und wie kann man ihn im geschäftlichen Umfeld anwenden?

Was bedeutet Agile?

Agile Methoden folgen einem iterativen Prozess zur steten Lieferung konkreter inkrementeller Ergebnisse. Sie können in zahlreichen Situationen erfolgreich angewendet werden, um Projekte voranzutreiben oder Probleme zu lösen. Agile bezeichnet nicht nur eine Reihe von Prinzipien oder den Rahmen für Prozesse. Es handelt sich dabei um eine geänderte Denkweise, mit der Sie im Business-Umfeld flexibler agieren und komplexe Situationen besser steuern können. Sie können dadurch schneller auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren und Ihre Organisation schneller an ein dynamisches Umfeld anpassen.

Am besten kann man Agile als Gegensatz zur traditionellen „Wasserfall“-Planungsmethode beschreiben. Im traditionellen Wasserfallmodell wird ein Lasten- und Pflichtenheft geführt, in dem ein Konzept entworfen, implementiert und anschließend validiert wird. Die Fertigstellung erfolgt in einigen Monaten. Bestenfall. Agile arbeitet dagegen etwas anders. Für welche agile Methode auch immer Sie sich entscheiden, sie basieren alle auf den gleichen Kernkonzepten.

10 Schlüsselprinzipien von Agile

Es gibt einige agile Schlüsselprinzipien, die dabei helfen, ein Projekt auf Kurs zu halten und zu sehen, ob Sie wirklich agil arbeiten. Lassen Sie uns diese Prinzipien im Detail anschauen, um sie besser zu verstehen und anwenden zu können.

  • Nähe zum Kunden (close to customer) – eins der wichtigsten Prinzipien ist Kundennähe und der regelmäßige Abgleich, um sicherzustellen, dass Ziele, Prioritäten und Leistungen genau abgestimmt sind. Kunden können sowohl intern als auch extern sein. Der Kunde ist der wichtigste Stakeholder, der die Prioritäten eines Produkt- (oder Topic-) Backlogs definiert.
  • Proaktive Priorisierung (proactive prioritization) – Ziele vorab festzulegen und gemeinsam mit Ihrem Kunden zu priorisieren, ist die Grundlage zur erfolgreichen Implementierung agiler Methoden. Priorisierung zwingt den Kunden dazu, regelmäßig zu überprüfen, was am wichtigsten ist und warum diese Prioritäten genau so festgelegt wurden. Dadurch entwickelt das gesamte Team ein besseres Verständnis für die Ziele hinter den Themen, an denen sie gerade arbeiten. Diese Themen werden aus dem Produkt- (oder Topic-) Backlogs herausgefiltert und dann in Sprints abgearbeitet.
  • Geschäftlicher Nutzen (business benefit) – Stellen Sie sicher, dass jedes definierte Ziel aus dem Produkt-Backlog einen konkreten (und klar artikulierten) Geschäftsnutzen hat. Das hilft bei der Priorisierung des Produkt-Backlogs, beim Verständnis der Ziele im Allgemeinen und fördert die Motivation, wenn sich jeder von der Erreichung der Ziele konkrete Vorteile verspricht.
  • Schrittweise Verbesserung (incremental improvement) – im Vergleich zur Wasserfallmethode zielen agile Projekte auf die stetige Verbesserung in kleinen, konkreten Schritten, die dem Kunden präsentiert werden. Schrittweise Verbesserungen sind essenziell, um den Kunden in den Prozess einzubeziehen und ihm die Möglichkeit zu geben, Feedback zu erteilen.
  • Kurze Sprints (short sprints) – kurze Sprints gehen Hand in Hand mit schrittweisen Verbesserungen, so dass jeder Fortschritt gegenüber dem Kunden präsentiert werden kann und eine kontinuierliche Abstimmung erfolgt. Aus wirtschaftlicher Perspektive ist es üblicherweise sinnvoll, Sprints von einer zwei- bis vierwöchigen Dauer festzulegen. Die Thematiken dazu müssen entsprechend ausgewählt und darauf abgestimmt werden.
  • Schnelles Scheitern (fail fast) – Verschwendung sollten Sie in jedem Fall vermeiden. Einhergehend mit kurzen Sprints und einer schrittweisen Verbesserung wird durch schnelles Scheitern sichergestellt, dass Sie keine Ressourcen und keine Zeit auf etwas verschwenden, das dem Kunden nicht hilft. Da dem Kunden schon bald das nächste Ergebnis präsentiert wird und er sich mit Ihnen dazu abstimmt, können Sie auch schnell sehen, ob Sie auf dem richtigen Weg sind oder nicht. Falls nicht, können Sie Ihren Ablauf schnell anpassen, ohne viel Zeit und Mühen zu verschwenden.
  • Transparente Aufgaben (transparent tasks) – Wenn Sie Ihren Kunden dazu bringen, mit Ihnen zusammenzuarbeiten oder bei der Implementierung einer Aufgabe (z. B. während eines Sprints) Feedback zu erteilen, können kritische Problematiken nahezu in Echtzeit aufgetan werden. Es gibt Phasen, in denen der Kunde sehr eng involviert wird und solche, in denen einige Wochen ohne den Kunden weitergearbeitet wird. Wenn Sie technische Probleme bei der Implementierung lösen möchten, kann es sinnvoll sein, diese erst innerhalb Ihres Teams zu bearbeiten. Wenn Sie an sichtbaren Themen (z. B. Design, Prozessveränderungen o. ä.) arbeiten, ist es vorteilhaft, den Kunden in den Prozess einzubinden.
  • Präsentationsfähige Ergebnisse (release ready) – das Team sollte immer danach streben, am Ende eines Sprints eine präsentationsfähige, schrittweise Verbesserung abliefern zu können. Diese kann gegenüber dem Kunden und anderen Stakeholdern präsentiert werden und ermöglicht eine Diskussion darüber, ob sich der Prozess in die richtige Richtung bewegt. Der Kunde hat dadurch ebenfalls die Möglichkeit, sich mit anderen Stakeholdern seinerseits abzustimmen. Er kann die Präsentation gegebenenfalls als Demoversion oder Übungstool verwenden, um Feedback innerhalb seiner Organisation zu erhalten und Klarheit hinsichtlich der Themen und des finalen Ziels zu schaffen.
  • Retrospektive Rückschau (retrospective review) – am Ende eines Sprints blickt das Team (in Ergänzung zur Kundenbeurteilung) auf den Prozess zurück, um den gesamten Ablauf zu beurteilen. Was hat gut funktioniert, was weniger gut? Waren die richtigen Personen involviert? Waren es zu viele, zu wenige? Waren die Aufgaben klar gestellt? Hatte die gewählte Thematik den richtigen Umfang für einen Sprint? Alle diese auf den Prozess und die Organisation gerichteten Fragen sollten rückblickend gestellt und mit einem Mentor gemeinsam besprochen werden. Wenn sich Probleme herauskristallisieren, können diese im folgenden Sprint angegangen werden. Dadurch wird gewährleistet, dass der Prozess zunehmend reibungslos verläuft und das Team an Erfahrung dazugewinnt.
  • Leitender Mentor (master mentor) – agile Prozesse sind nicht per-se schwierig durchzuführen. Allerdings muss man mit der Methode vertraut werden, um sich nicht zu sehr in Details zu verstricken und den Blick für das übergeordnete Ziel zu verlieren. Das sind die potentiellen Tücken eines agilen Prozesses. Ein leitender Mentor, der den Prozess als solches in den Fokus rückt (und nicht die gerade angeschnittene Thematik!) sorgt dafür, dass das Team fokussiert bleibt und nicht zu weit vom eigentlichen Prozess abschweift.

Das sind die Kernprinzipien der agilen Methoden. Konzentrieren Sie sich darauf, um bei der Arbeit an Ihren Projekten auf Kurs zu bleiben.

Kurz zusammengefasst:

  • Nähe zum Kunden (close to customer) – Halten Sie sich Ihre Freunde warm und ihre Kunden noch wärmer. Sorgen Sie dafür, dass Sie verstehen, was Ihre Kunden wollen und was nicht.
  • Proaktive Priorisierung (proactive prioritization) – Achten Sie darauf, dass Sie die Ziele und Prioritäten Ihrer wichtigsten Stakeholder berücksichtigen.
  • Geschäftlicher Nutzen (business benefit) – Sorgen Sie dafür, dass aus jeder angeschnittenen Thematik ein direkter Nutzen für Ihr Business resultiert.
  • Schrittweise Verbesserung (incremental improvement) – Versuchen Sie nicht, an einem Tag die Welt zu retten – verbessern Sie sie Schritt für Schritt und konzentrieren Sie sich dabei auf das, was Sie nach und nach erreichen können.
  • Kurze Sprints (short sprints) – Halten Sie alles kurz und simpel – fokussieren Sie jeweils nur eine Thematik gleichzeitig.
  • Schnelles Scheitern (fail fast) – Verlieren Sie keine Zeit, indem Sie die falschen Dinge angehen.
  • Transparente Aufgaben (transparent tasks) – Beziehen Sie Ihre Kunden mit ein und sorgen Sie dafür, dass alle wissen, was gerade passiert.
  • Präsentationsfähige Ergebnisse (release ready) – Erzeugen Sie etwas Nützliches.
  • Retrospektive Rückschau (retrospective review) – Lernen Sie aus dem Prozess und verbessern Sie diesen kontinuierlich
  • Leitender Mentor (master mentor) – der Prozess ist wichtig – suchen Sie sich jemanden, der Sie bei der erfolgreichen Umsetzung unterstützt.

Das Werkzeug für agile Prozesse

Welches Werkzeug für die agilen Prozesse genutzt wird (Scrum, SAFe, LeSS, o. a.) ist weniger bedeutend als die Einhaltung der Prinzipien. Das sollte bei allen Anbietern gleichermaßen möglich sein. Darüber hinaus gibt es Werkzeuge, die auf Scrum basieren und in Großunternehmen angewandt werden.

Es ist hilfreich, während eines Projektes einen Schritt zurück zu machen und die Prinzipien nochmals zu überdenken. Sehen Sie sich an, welche davon angewandt wurden und welche nicht. Betrachten Sie Problembereiche innerhalb des Projekts aus dem Blickwinkel dieser Prinzipien.

Ein weiterer großere Vorteil bei der Anwendung agiler Methoden ist der Motivationsfaktor. Es ist sehr motivierend für Teams, alle paar Wochen etwas Nützliches abliefern zu können anstatt wochenlang auf handfeste Ergebnisse warten zu müssen. Der zusätzliche Aufwand, der in die Planung und Priorisierung der Prozesse gesteckt werden muss, ist gut investiert und wird sich im weiteren Verlauf sicherlich auszahlen.

Sind Sie agil?

Um festzustellen, wie agil Ihre Organisation ist oder sogar, wie agil Sie selbst sind, bewerten Sie sich und Ihre Organisation im Hinblick auf die oben genannten agilen Prinzipien. Sie müssen nicht das gesamte Unternehmen umkrempeln, um komplett agil zu werden. Führen Sie die Prinzipien sukzessive in einigen Unternehmensbereichen ein und Sie werden bereits erste Erfolge feststellen können.

Feedback? Fragen?

Wenn Sie Kommentare oder Feedback loswerden möchten oder mehr über die Implementierung agiler Methoden in Ihrem Unternehmen erfahren möchten, wenden Sie sich jederzeit gerne an mich.