Digitalisierung ist in aller Munde, aber nicht jeder versteht, was eigentlich damit gemeint ist. Für viele bedeutet Digitalisierung, neue Technologien zu entwickeln oder zu nutzen, in der Hoffnung, dass ihre Produkte und Angebote dadurch besser werden. Aber was ist Digitalisierung tatsächlich, was bedeutet sie, wie sollten Sie darüber denken und wie kann sie implementiert werden?

Im vergangenen Jahr habe ich einen Digitalisierungs-Workshop bei einem Unternehmen geleitet, das seinen Digitalisierungsgrad erhöhen wollte. Das Unternehmen wollte sich weiter entwickeln (hauptsächlich auf Grund veränderter Marktanforderungen und der Wettbewerbssituation), hatte bereits viel in die Wege geleitet und wollte den Prozess nun beschleunigen. Im Verlauf des Workshops hat sich herausgestellt, dass vieles bereits in unterschiedlichen Abteilungen umgesetzt wurde, es aber keine umfassende Digitalisierungsstrategie gab. Die Digitalisierung war nicht im Einklang mit der gesamten Unternehmensstrategie, bereits angestoßene Initiativen dauerten länger als geplant und versprachen nicht die gewünschten Erfolge.

Wie könnte man es besser machen? Was benötigt man, um eine Digitalisierungsstrategie erfolgreich zu planen und umzusetzen?

Was bedeutet Digitalisierung?

Im Wesentlichen bedeutet Digitalisierung, Informationen (Daten) und Menschen (die Anwender der Daten) näher zusammen zu bringen und mehr Daten so zu speichern, dass sie leicht zugänglich und digital nutzbar sind. Digitale Daten sind allerdings nur dann nützlich, wenn Sie mit diesen Informationen einen Wert generieren, Prozesse beschleunigen oder vereinfachen, bei der Entscheidungsfindung (z.B. als KPI) helfen oder zum besseren Verständnis eines Themas beitragen können.

Unter Digitalisierung versteht man Prozessentwicklung, eine neue Herangehensweise an bestimmte Dinge und eine veränderte Denkweise, die der Organisation dazu verhelfen soll, Kundenanforderungen besser zu verstehen und erfüllen zu können. Damit die Digitalisierung gelingt, müssen Sie sich die Frage stellen, was genau Sie erreichen möchten (Wertegewinn) und vor allem warum (siehe auch Simon Sinek’s „First Ask Why“ Ted Talk) dieses Ziel für Sie wichtig ist.

Durch Digitalisierung werden Prozesse automatisiert, gleichzeitig hat sie Einfluss auf die Arbeits- und Denkweise der betroffenen Personen. Diese müssen ihre Herangehensweise an bestimmte Dinge verändern, Entscheidungen anders treffen, neue Tools kennenlernen und verstehen, was von ihnen erwartet wird. All das muss bei der Planung einer Digitalisierungsstrategie berücksichtigt werden. Andernfalls bewegt man sich auf einem holprigen, frustrierenden Weg zur Implementierung neuer digitaler Technologien.

Drei Schlüsselpositionen in der Digitalisierung (und warum sie wichtig sind)

Folgende drei Positionen sind erforderlich, um die Digitalisierung innerhalb einer Organisation erfolgreich voranzutreiben:

  • ein Visionär, der neue Technologien vorantreibt
  • ein Optimierer, der sich auf Back-End-Prozesse fokussiert
  • ein Champion, der für die Bündelung aller Digitalisierungsaktivitäten innerhalb der Organisation verantwortlich ist.

Warum diese drei Positionen? Jeder von ihnen benötigt eine eigene Denkweise – der vorausschauende Visionär, der prozessorientierte Optimierer und der ganzheitlich denkende Champion. Die Chancen, alle diese Eigenschaften in einer Person zu finden, sind sehr gering. Daher braucht man sehr wahrscheinlich zwei bis drei unterschiedliche Personen, um alle Bereiche erfolgreich voranzutreiben. Lassen sie uns die Positionen mal im Detail anschauen.

Der digitale Visionär

Die Aufgabe des Visionärs besteht darin, neue und innovative Technologien in das Produktangebot zu integrieren. Die Digitalisierung des Kundenkontakts gehört zu einem der interessantesten Digitalisierungsaspekte und bietet zahlreiche Möglichkeiten wie Augmented Reality bei der Produktwartung, Virtual Reality für erste Produkterfahrungen, künstliche Intelligenz zur Analyse, integrierte Web-Services, Internet der Dinge usw. Neue Technologien erreichen uns in rasender Geschwindigkeit. Unternehmen, die diese Technologien verstehen und sie einzusetzen wissen, können das Werteversprechen gegenüber ihren Kunden deutlich verbessern.

Der digitale Optimierer

Der digitale Optimierer schaut sich die vorhandenen Geschäftsprozesse innerhalb der Organisation an und arbeitet eng mit dem Prozessmanagement (https://de.wikipedia.org/wiki/Prozessmanagement) zusammen. Er deckt potentielle Prozessoptimierungen auf und identifiziert bestimmte Technologien und Systeme, die für die gewünschten Verbesserungen genutzt werden können. Der regelmäßige Austausch mit anderen Organisationen zu Fallbeispielen und Best Practices kann ebenso dazu beitragen, Technologien ausfindig zu machen, die für eine Integration ins eigene Unternehmen geeignet sind. Der digitale Optimierer muss sowohl das Verständnis für Geschäftsprozesse als auch für IT und Technologien mitbringen, um beide miteinander in Einklang zu bringen.

Der digitale Champion

Im Grunde ist das der Chief Digital Officer (CDO) eines Unternehmens. Er unterscheidet sich vom Chief Information Officer (CIO): Der CIO ist für die Implementierung und Funktionalität der IT-Systeme einer Organisation verantwortlich, aber nicht notwendigerweise für die Prozessoptimierung durch digitale Technologien. Der CDO hingegen soll in seiner Rolle einen kulturellen Wandel innerhalb der Organisation herbeiführen.

Der digitale Champion ist für die Entwicklung der gesamten Digitalisierungsstrategie der Organisation verantwortlich. Um eine einheitliche digitale Landschaft an Stelle von „Insellösungen“ zu schaffen, müssen alle Digitalisierungsansätze bekannt und aufeinander abgestimmt sein. Digitalisierung, Wandel und Transformation zu einem wichtigen Aspekt der Unternehmenskultur werden zu lassen, ist kaum möglich ohne jemanden, der dieses Thema vorantreibt.

Die Phasen der Digitalisierungsstrategie – Ihr Weg nach vorne

Wie können Sie sich an die Digitalisierung heranwagen und dabei sicherstellen, dass Ihr Aufwand den gewünschten Mehrwert liefert?

1. Digitalisierung verstehen

Sie sollten verstehen, was Digitalisierung ist und was es für Sie bedeutet. Woraus erwächst Ihr Bedürfnis, digitaler zu werden? Ist Digitalisierung die Lösung für Sie? Oder nur eine von mehreren möglichen Lösungskonzepten?

2. Die Unternehmensstrategie und die Digitalisierungsstrategie aufeinander abstimmen

Passen Sie Ihre Digitalisierungsstrategie an Ihre gesamte Unternehmensstrategie an. Wo sehen Sie Ihr Unternehmen in drei, fünf, zehn (oder mehr) Jahren und welche Rolle spielt dabei die Digitalisierung? Warum? Berücksichtigen Sie auch aufkommende Trends (sowohl technologischer als auch anderer Art), um eine einheitliche Strategie zu entwickeln.

3. Nichts geht über Humankapital: Setzen Sie die richtigen Personen auf die richtigen Positionen

Wie oft haben Sie schon den Spruch gehört: „Nichts geht über Humankapital“? Der Wettbewerb um gute Fachkräfte nimmt immer weiter zu. Finden Sie die richtigen Personen, um Ihre Digitalisierungsstrategie voranzutreiben. Diese Personen sollten ein umfassendes Verständnis von Technologien (was / die Tools), Business (wie / die Prozesse) und Menschen (wer / die Anwender) haben.

4. Erkennen Sie, was digitalisiert werden sollte: Bestimmen Sie Ihre Kernkompetenzen

Entwickeln Sie ein umfassendes Verständnis für Ihre Kunden (customer journeys), für Ihre Alleinstellungsmerkmale (Ihre USP – unique selling proposition: warum sollten die Kunden ausgerechnet bei Ihnen kaufen?) und für Ihre Kernkompetenzen, die Sie zur Erfüllung von Kundenbedürfnissen benötigen. Was soll digitalisiert werden und warum?

5. Machen Sie Wandel und Digitalisierung zu einem Teil Ihrer Unternehmenskultur

Solange die Welt und die Märkte nicht aufhören, sich zu verändern, solange sollten auch Sie nicht stehen bleiben. Betrachten Sie Wandel und Digitalisierung als Teil Ihrer Unternehmenskultur. Wenn Ihre Mitarbeitenden sich erst mal an den Wandel gewöhnt haben und diesen als etwas Positives ansehen, haben Sie die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit Ihrer Organisation nennenswert erhöht.

6. Setzen Sie Digitalisierung auf die Agenda

Allem voran, setzen Sie die Digitalisierung ganz oben auf die Agenda und betrachten Sie sie als ein separates Thema, damit sie nicht im Tagesgeschäft untergeht. Digitalisierung ist eine der wesentlichsten Treiber für Veränderung in unserer heutigen Zeit. Das Topmanagement sollte seine ganze Aufmerksamkeit darauf lenken.

Wie gut ist meine Digitalisierungsstrategie? Fragen, die Sie sich stellen sollten

Stellen Sie sich die folgenden Fragen:

  • Was sind die wunden Punkte, die meine geschäftskritischen Prozesse verlangsamen?
  • Wie kann ich meine Kernkompetenzen verbessern?
  • Wie kann Digitalisierung dabei helfen und wo wird sie den größten Effekt haben?
  • Wie viel Digitalisierung benötige ich?

Diese Fragen zielen direkt auf Kernthemen innerhalb Ihres Unternehmens und bilden die Basis für Ihre Digitalisierungsstrategie. Schauen Sie sich die oben aufgeführten Phasen genau an und hören Sie nicht auf daran zu arbeiten. Die Zukunft bietet unzählige Möglichkeiten, die Sie nicht ungenutzt lassen sollten.